Sehr geehrte Damen und Herren,
nachstehend erhalten Sie aktuelle Informationen:
Entschädigungen nach Infektionsschutzgesetz bei Tätigkeitsverboten, Quarantäne und Kinderbetreuung wegen behördlicher Schul-/Kitaschließung
Wer aufgrund des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) einem Tätigkeitsverbot (§§ 34 und 42 IfSG) oder einer Quarantäne (§ 31 IfSG) unterliegt bzw. abgesondert wird (§§ 28 ff IfSG) und dadurch einen Verdienstausfall erleidet, kann auf Antrag eine Entschädigung nach §§ 56 ff. IfSG erhalten.
Mit dem „Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ vom 27.03.2020 wurde das IfSG um § 56 Abs.1a ergänzt. Damit erhalten auch Eltern oder Pflegeeltern einen Entschädigungsanspruch, wenn sie aufgrund der behördlich angeordneten Schließung von Betreuungseinrichtungen und Schulen die einen Verdienstausfall erleiden, weil sie ihre Kinder selbst betreuen müssen.
1. Entschädigung bei Tätigkeitsverbot oder Quarantäne
Voraussetzung ist in beiden Fällen ein die einzelne Person betreffender Bescheid des Gesundheitsamtes zum persönlichen Tätigkeitsverbot oder zur angeordneten Quarantäne und ein Verdienstausfall.
Entschädigungsberechtigt nach § 56 IfSG sind Ausscheider, Ansteckungsverdächtige, Krankheitsverdächtige oder sonstige Träger von Krankheitserregern, die einem behördlich angeordneten Tätigkeitsverbot oder einer behördlich angeordneten Quarantäne unterworfen waren oder sind.
Die aktuellen Veranstaltungsverbote und Geschäftsschließun-gen, die durch die obersten Landesbehörden unter Bezugnahme auf § 32 IfSG zum Schutz der Bevölkerung vor dem Coronavirus erlassen wurden, führen – nach derzeitig einhelliger Auffassung der zuständigen Landesbehörden und ersten Entscheidungen der Gerichte – nicht zu Ansprüchen auf Entschädigungsleistun-gen.
Eine berechtigte Entschädigung bemisst sich nach dem Verdienstausfall. Sie wird für die ersten sechs Wochen in voller Höhe gewährt. Ab Beginn der siebenten Woche wird die Entschädigung in Höhe des Krankengeldes nach § 47 Abs. 1 des fünften Buches Sozialgesetzbuch gewährt.
Arbeitnehmer
Bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber für die ersten sechs Wochen (längstens für die Dauer des Arbeitsverhältnisses) die Entschädigung nach § 56 IfSG in voller Höhe auszuzahlen. Auf Antrag werden die geleisteten Entschädigung vom zuständigen Gesundheitsamt erstattet. Ab der siebenten Woche müssen betroffene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer selbst einen Antrag bei dem zuständigen Gesundheitsamt stellen.
Voraussetzung für eine Entschädigung ist ein Verdienstausfall in Zusammenhang mit einem Tätigkeitsverbot bzw. mit einer Quarantäne.
Eine Entschädigung kann nicht gezahlt werden:
· an Eltern ohne Tätigkeitsverbot, deren Kinder wegen eines Besuchs- verbotes gemäß IfSG keine Betreuungseinrichtung besuchen durften
· für die Zeit einer Krankschreibung oder Krankmeldung (!)
· für Auszubildende, die aus einem in ihrer Person liegenden Grund unverschuldet verhindert sind, ihre Pflichten aus dem Berufsausbildungsverhältnis zu erfüllen (gemäß § 19 Absatz 1 Ziffer 2 Buchstabe b BBiG)
· bei fehlender Tarifregelung für eine relativ unerhebliche Zeit des Tätigkeitsverbotes (nach § 616 BGB)
· bei anderweitigem, entlohntem Einsatz im Betrieb
· bei vertraglichen oder tarifrechtlichen Verpflichtungen des Arbeitgebers zur Lohnfortzahlung
Verdienstausfallentschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz sind steuerfrei, sie unterliegen jedoch dem Progressionsvorbehalt.
Hinweis zur Sozialversicherung:
· Die Entschädigungsleistungen, die für Arbeitnehmer in Quarantäne (Entschädigung nach § 56 Abs. 1 Satz 2 IfSG) gezahlt werden unterliegen (trotz Steuerfreiheit) der Versicherungspflicht in der
Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung.
· Anders ist es bei Entschädigungsleistungen, die für Arbeitnehmer mit einem Beschäftigungsverbot geleistet wird (Entschädigung nach § 56 Abs. 1 Satz 1 IfSG). Diese Leistungen unterliegen nur der Rentenver-sicherungspflicht.
Die Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosen-versicherung endet mit dem Tag vor Beginn des Beschäftigungsverbots. Sollte das Beschäftigungsverbot länger als 1 Monat andauern, muss der Arbeitnehmer selbst um einen Krankenversicherungsschutz sorgen.
Zur Beantragung sind in der Regel die folgenden Unterlagen notwendig:
·Kopie des Arbeitsvertrages, falls ein solcher nicht schriftlich abgeschlossen wurde, Angaben des Tags des Beginns des Arbeitsverhältnisses
·Kopie der entsprechenden Vergütungsabrechnung(en) oder Bestätigung über den ausgezahlten Betrag (Nachweis über Arbeitsentgelt, abzuziehende Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung)
·Kopie des Anordnungsbescheids und ggf. der Aufhebung des Tätig-keitsverbots bzw. der Quarantäne
Selbständige
Bei Selbständigen berechnet sich der Verdienstausfall pro Monat nach einem Zwölftel des Arbeitseinkommens (§ 15 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV)). Nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ist der ermittelte Gewinn aus der selbständigen Tätigkeit maßgeblich. Als Nachweis dient der letzte Einkommensteuerbescheid. Darüber hinaus können Aufwendungen für die private soziale Sicherung gemäß § 58 IfSG geltend gemacht werden. Selbständige müssen die Entschädigungsleistungen beim zuständigen Gesundheitsamt beantragen.
Die nach § 56 IfSG gezahlten Entschädigungen an Selbständige sind steuerfrei nach § 3 Nr. 25 EStG. Sie unterliegen jedoch dem Progressionsvorbehalt.
Selbständige, deren Betrieb oder Praxis während des Tätigkeitsverbotes ruht und dadurch die Existenz gefährdet ist, erhalten neben der Verdienstausfall-Entschädigung nach § 56 Abs. 2 und 3 auf Antrag eine Entschädigung für nicht gedeckte Betriebsausgaben, wie z.B. Miete und Strom. (§ 56 Abs. 4 IfSG). Dem Antrag ist eine Aufstellung, der nicht gedeckten Betriebsausgaben und Zahlungsnachweise beizufügen.
Zur Beantragung sind in der Regel die folgenden Unterlagen notwendig:
·Kopie des letzten Einkommensteuerbescheids
·Kopie der Beitragsnachweise zur (privaten) Kranken-, Pflege-, Rentenversicherung
·Kopie des Anordnungsbescheids und ggf. der Aufhebung des Tätigkeits-verbots bzw. der Quarantäne
2. Entschädigung bei Kinderbetreuung wegen behördlich angeordneter Kita- oder Schulschließung
Anspruch auf Entschädigung nach § 56 Abs. 1a IfSG haben erwerbstätige Sorgeberechtigte, also in der Regel Eltern oder Pflegeeltern, die einen Verdienstausfall erleiden, weil sie ihre Kinder aufgrund der behördlich angeordneten Schließung von Betreuungseinrichtungen und Schulen selbst betreuen müssen und es keine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit gibt.
Die Regelung gilt ab dem 30. März 2020 und bis zum 31. Dezember 2020.
Antragsberechtigt sind sowohl Arbeitnehmer als auch Selbständige. Eine Entschädigung kann gezahlt werden für die Betreuung von Kindern, die das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder behindert und auf Hilfe angewiesen sind.
Eine Entschädigung kann nicht gezahlt werden:
·wenn Eltern anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit haben, d.h. nur, wenn tatsächlich für die Betreuung der Kinder nicht auf Familien-mitglieder oder Freunde zurückgegriffen werden kann, besteht grundsätzlich Anspruch auf Entschädigung
·wenn ein Anspruch auf Notbetreuung in der Kindertagesstätte oder Schule bestand
·wenn Arbeit von Zuhause zumutbar ist (Homeoffice)
·bei Kurzarbeit der Eltern, in dem Umfang, in dem die Arbeitszeit reduziert ist
·soweit eine Schließung der Kindereinrichtung oder Schule ohnehin während der durch Landesrecht festgelegten Schulferien erfolgen würde, wie aktuell in den Osterferien
·wenn Beschäftigte ihre anderweitigen Möglichkeiten der Freistellung noch nicht abgebaut haben, z.B. Überstunden oder Erholungsurlaub
Hinweis: Die Pflicht, den Erholungsurlaub zu verbrauchen, betrifft nur den Urlaub aus dem Vorjahr sowie den bereits vorab verplanten Urlaub, der sowieso während des Zeitraums der Kita- oder Schulschließung genommen werden sollte (vgl. BMAS: Vorrang des Urlaubsanspruches)
Eltern, die Entschädigungszahlung beantragen wollen, müssen gegenüber dem Arbeitgeber und der Behörde belegen, dass sie keine Möglichkeit haben, für die Betreuung auf Familienmitglieder oder Freunde zurückzugreifen.
Als Nachweis können Sie das Formular „Bescheinigung über notwendige Kinderbetreuung im Sinne des § 56 Abs. 1a IfSG“ im Anhang verwenden.
Höhe der Entschädigung
· 67 % des Netto-Verdienstausfalls, max. 2.016 Euro für einen vollen Monat
· maximal für 6 Wochen
Antragstellung
Entgegennahme und Abwicklung der Anträge erfolgt über die Behörden der Länder (Landesgesundheitsbehörden oder ihnen nachgeordnete Behörden).
Bei Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber für die Dauer des Arbeitsver-hältnisses, längstens für sechs Wochen, die Entschädigung für die zuständige Behörde auszuzahlen. Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet (§ 56 Abs. 5 IfSG).
Soweit ein berechtigter Entschädigungsanspruch nach § 56 IfSG besteht, kann die zuständige Behörde auf Antrag des Arbeitgebers bzw. des Selbständigen einen Vorschuss in der voraussichtlichen Höhe der Entschädigung gewähren.
Weiterführende Informationen finden Sie auf der Website des Bundesarbeitsministeriums sowie den Websites der zuständigen Landesbehörden (vgl. Website des Landes Hessen)
Bleiben Sie gesund. |